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Dissertation Weber

Dissertation

 

Geostatistische Analyse der Struktur von Waldbeständen am Beispiel ausgewählter Naturwaldreservate in Baden-Württemberg

von Hans-Jochen Weber, 1999

Die natürliche Entwicklung von Waldstrukturen ist das Untersuchungsobjekt der Naturwaldforschung. Mittels Dauerbeobachtungen, die sich vor allem auf terrestrische Inventuren stützen, wird diese Entwicklung beschrieben. In der vorliegenden Arbeit wird eine Methode vorgestellt, wie Waldstruktur auf verschiedenen Ebenen operationalisiert und auf Basis von Stichprobendesigns quantifiziert bzw. geschätzt werden kann. Das Verfahren wurde anhand von Inventurdaten verschiedener Naturwaldreservate und Vergleichsflächen im Wirtschaftswald in Baden-Württemberg untersucht.

Waldstruktur kann als eine hierarchische Organisation begriffen werden, die von strukturierenden Prozessen, welche auf verschiedenen Ebenen wirken, kontrolliert wird. Die kleinste Einheit der Waldstruktur, die alpha-Struktur, orientiert sich als kleinste funktionelle Einheit an der Kronenschirmfläche eines Baumes im Altbestand. Die Struktur entlang eines standörtlichen Gradienten (beta-Struktur) oder eines größeren Waldbestandes bzw. einer Landschaft (gamma-Struktur) setzt sich aus dem räumlichen Nach- bzw. Nebeneinander der kleinsten Struktureinheiten zusammen. Daneben existiert eine zeitliche Dimension der Waldstruktur, die sich aus dem zeitlichen Nacheinander ergibt.

Die Struktur von Waldbeständen kann als diskrete Informationsquelle begriffen werden, die mit Methoden der Informationstheorie beschrieben werden kann. Einzelbäume sind die Elemente der alpha-Struktur. Aus der Zusammensetzung dieser Strukturelemente berechnet sich der Informationsgehalt bzw. die Entropie von Waldstrukturen. Die Entropie eines Systems kann auch als dessen Diversität, in diesem Zusammenhang als Strukturdiversität, verstanden werden. Als wichtigste Teilsysteme der alpha-Struktur werden die Kategorien Baumart, vertikale Höhenschichtung und Zustand (lebend/tot) definiert. Für jedes dieser Teilsysteme kann eine Diversität bestimmt werden, wobei sich für das Gesamtsystem eine gesamte Strukturdiversität als Summe der bedingten Teildiversitäten der Teilsysteme ergibt.

Sowohl die Schätzung der Teil- als auch der gesamten Strukturdiversität mittels Stichproben führt zu einer systematischen Unterschätzung der wahren Strukturdiversität, da die Anzahl der Strukturelemente stets unterschätzt wird. Es läßt sich eine Strukturelement-Akkumulationskurve definieren, in der der Zusammenhang zwischen der Anzahl von Strukturelementen und der Stichprobenfläche zum Ausdruck gebracht wird. Die Schätzung der Strukturdiversität ist deswegen in hohem Maße von der Stichprobenfläche abhängig.

Die mittlere alpha-Strukturdiversität des Gesamtsystems der Bannwälder ist in der Regel signifikant höher als die der entsprechenden Vergleichsflächen im Wirtschaftswald. Dies gilt nicht für den Bannwald Hoher Ochsenkopf, dessen mittlere Strukturdiversität signifikant niedriger ist als auf der Vergleichsfläche im Wirtschaftswald. Dies kann einerseits durch die extensive Bewirtschaftung der Vergleichsfläche als auch die fortgeschrittene Auflösung des Bannwaldbestandes infolge einer Borkenkäferkalamität erklärt werden. Die Beschreibung von Waldstruktur als Summe der Diversität von Teilsystemen ist ein flexibles Verfahren, das sich beliebig auf andere Teilsysteme erweitern läßt.

Die alpha-Strukturdiversität von Stichprobenflächen auf einem systematischen Raster war in den meisten Untersuchungsgebieten räumlich autokorreliert. Die räumliche Autokorrelation wurde mittels Autokorrelogrammen berechnet, die die Abhängigkeit von Distanzklasse zu dem Grad der Autokorrelation darstellen. Die Reichweite sowie der Grad der Autokorrelation waren sowohl zwischen den Bannwäldern als auch zwischen Bann- und Wirtschaftswäldern sehr unterschiedlich. Es ergaben sich Reichweiten zwischen 50 m - 600 m. Mittels Permutationen konnte die Hypothese der zufälligen Verteilung der alpha-Strukturdiversität verworfen werden.

Die Geostatistik untersucht den räumlichen Zufallsprozess, als dessen Ergebnis die räumliche Verteilung von Merkmalen zustande kommt. In bezug auf Waldstrukturen wurden verschiedene Teilprozesse definiert. Wichtige Teilprozesse wurden mittels dem Instrument des Semivariogramms beschrieben und modelliert. Das Semivariogramm beschreibt die Variation eines Merkmals in Abhängigkeit zur Entfernung zwischen den Orten, wo es erhoben wurde. Ein räumlicher Prozess kann im Semivariogramm mittels seiner maximalen Reichweite und seines Schwellenwertes - das ist die Varianz bei Erreichen der Reichweite - beschrieben werden.

Räumliche Anomalien sind Komponenten des Prozesses der Waldstruktur. Als lokale Anomalien können sie im Semivariogramm erkannt werden, als punktuelle Anomalie äußern sie sich in einer erhöhten Nugget-Varianz. Punktuelle Anomalien können im Semivariogramm andere Strukturen überlagern und wurden deswegen entfernt.

In manchen Untersuchungsgebieten konnte kein strukturierender Teil eines Prozesses erkannt werden. Dies äußert sich im Semivariogramm durch einen reinen Nugget-Effekt, d. h. es gibt keinen Zusammenhang zwischen räumlicher Entfernung und der Varianz (Bannwald Franzosenbusch, Vergleichsfläche Bechtaler Wald). In den Bannwäldern Napf, Wilder See - Hornisgrinde Hoher Ochsenkopf und Sommerberg konnten geschachtelte Strukturen erkannt werden, d. h. es überlagern sich räumliche Prozesse mit unterschiedlichen Reichweiten. Das Semivariogramm der Diversität von Teilsystemen der Bannwälder Bechtaler Wald, Napf, Conventwald, Wilder See - Hornisgrinde sowie der Vergleichsflächen Wilder See - Hornisgrinde und Hoher Ochsenkopf zeigte einen Locheffekt mit einer periodischen Schwankung um den Schwellenwert.

Vergleiche zwischen den Untersuchungsbeständen wurden durch die unterschiedliche Rasterdichte der Stichproben erschwert, da sich ein Prozess mit einer geringeren Reichweite als der Rasterabstand nicht im Semivariogramm widerspiegeln kann.

Mittels Kriging wurde die räumliche Verteilung der alpha-Strukturdiversität auf Grundlage des Semivariogramms geschätzt. Aus dem Ergebnis der Schätzung wurden diskrete Polygone mit jeweils ähnlicher Diversität berechnet. Aus der Verteilung der Polygone wurde eine gamma-Strukturdiversität abgeleitet. Räumliche Simulationen, denen dasselbe räumliche Modell wie der Kriging-Schätzung zugrunde lagen, analysierten die potentielle Fluktuation des räumlichen Zufallsprozesses. Für die Simulationen ergab sich gegenüber der Kriging-Schätzung eine sehr hohe gamma-Strukturdiversität. Während die Simulationen die höchstmögliche Fluktuation der alpha-Strukturdiversität und damit die höchste gamma-Strukturdiversität erzeugen, ergibt sich aufgrund der glättenden Eigenschaften des Krigings eine gamma-Strukturdiversität, die unterhalb der tatsächlichen liegt. Es ergab sich bei allen Untersuchungsflächen mit Ausnahme des BW Hoher Ochsenkopf die höhere gamma-Diversität auf der Bannwaldfläche.

Die Erreichung einer hohen Strukturdiversität als allgemeine Zielgröße für forstwirtschaftliches Handeln ist problematisch, da immer nur bestimmte zeitliche und räumliche Dimensionen der Strukturdiversität berücksichtigt werden können. Zweckmäßiger erscheint die Verwendung der Indizes als Maßstab zur Beurteilung der natürlichen Entwicklung bzw. der Auswirkung waldbaulicher Maßnahmen auf die Diversität der Waldstruktur als Veränderungsgröße.

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